Bald täglich tauchen die Fragen in Facebookgruppen und Foren auf:
Welchen Luftdruck fahrt Ihr auf Euren Reifen?
Es hat jemand gesagt, die Angaben des Herstellers sind nicht korrekt! Wie kann das sein?
Eigentlich ist es ganz einfach und doch sind die Antworten auf diese Fragen verschiedenster Couleur.
Aber wonach kann man sich nun richten bzw. was haben die Angaben auf den Reifenflanken zu bedeuten?
Mit diesem Artikel möchte ich Euch fundierte Ratschläge und Hinweise an die Hand geben. Und da das ganze ein heikles Thema ist, werde ich mit Hilfe von Continental Fachmännische Informationen aus Erster Hand liefern.
Aber zunächst sollten wir bei den "Inschriften" auf der Reifenflanke beginnen.
Als Beispiel möchte ich die gängige Wohnmobil Reifengröße 225/75 R16 116 CP nehmen.
Von links nach rechts bedeutet es:
- 225 = die Breite der effektiven Lauffläche in Millimeter, also das Profil was ihr seht.
- 75 = der s.g. Querschnitt (Flankenhöhe) in % von der Laufflächenbreite. In unserem Beispiel also 75% von 225 mm.
- R = bezeichnet den Reifenaufbau, hier ein Radialreifen. Es gibt auch Diagonalreifen, diese spielen aber auf der Straße keine Rolle mehr.
- 16 = ist der Felgendurchmesser in Zoll
- 116 = dies ist der Traglastindex, er gibt an welche Last der Reifen bei Maximalen Luftdruck aushält.
- CP = ist ein festgelegter Standard für Wohnmobilreifen. Dies hat u.a. etwas mit der Flankenfestigkeit zu tun.
Des Weiteren findet sich eine Druckangabe auf dem Reifen, bei unserem Reifen sollte das 80Psi sein. Dies ist der maximale Luftdruck mit dem der Reifen bei o.g. Lastindex von 116 maximal 1250 Kg trägt.
Gebt bei Google einfach "psi in bar" ein,
dann könnt ihr diesen Umrechner verwenden.
So weit so gut! Aber wieso soll ich denn eine Traglast von 1250 Kg pro Rad, also 2500 Kg pro Achse haben wenn mein Womo nur eine Zulässige Achslast von 2000Kg auf der Hinterachse und 1850Kg auf der Vorderachse hat?
Wenn Ihr euch jetzt diese Frage stellt, seid Ihr schon auf dem richtigen Weg zu einem besseren Fahrverhalten.
Dieses Beispiel bezieht sich auf die Fahrzeuge bis 3,5 to bzw. auf die mit der "normalen" Auflastung auf 3,85 to.
Selbstverständlich ist alles auch auf andere Reifentypen in Verbindung mit z.B. dem Maxi-Chassis des Ducatos oder eben Ford Fahrgestellen anwendbar.
Nun geht es an´s Eingemachte und wir wollen mal schauen was der richtige Luftdruck ist.
Zunächst bedienen wir uns folgender Fromel bei einer zulässigen HA Traglast von 2000 Kg:
MAX BAR / MAX Traglast Reifen x tatsächliche Radlast = Luftdruck
also
5,5 / 1250 x 1000 = 4,4 BAR
und bei der VA mit 1850 Kg sieht es dann so aus
5,5 / 1250 x 925 = 4,07 BAR
Nanu? Wieso steht denn aber 5,5 BAR in meinem Fahrerhaus?
Folgende Beobachtung möchte ich Euch schildern:
Ich hatte früher mal drei Mercedes Sprinter mit den gleichen zulässigen Achslasten und dort waren Angaben von unter 3,5 Bar hinterlegt. Des Weiteren gab es in meiner Lehrzeit auch schon Transporter mit diesen Achslasten (ich habe bei FORD gelernt), 5,5 Bar gab es dort aber nirgends. Wie ist das möglich das es damals nicht jeden Tag schlimme Unfälle durch geplatzte Reifen gab? Waren die Reifen damals besser? Ich glaube kaum.
Ist Euch schon mal aufgefallen das auch Eure PKWs früher nicht so hohe Luftdrücke bekamen?
Aha.......hier spielt also ein anderer Faktor eine Rolle, nämlich der Kraftstoffverbrauch!
In der heutigen Zeit sind die Hersteller dazu gezwungen die Verbräuche zu reduzieren. Einerseits durch die Politik und andererseits wegen dem Umweltbewussten Käufer, der ja wiederum durch die Politik darauf geschärft wird.
Somit ist also jedes Mittel Recht um hier 100ml und dort 150ml und da auch nochmal 50ml Kraftstoff zu sparen, denn es sieht ja besser im Katalog aus wenn das KFZ nur 9,9 statt 10,2 Liter auf 100 KM verbraucht.
Komfort? Das ist egal!
Dem ein oder anderen wird sicher die EURO 6 Problematik mit den Lichtmaschienen bekannt sein, auch hier geht es nur um Kraftstoff sparen, der Rest ist erstmal egal.
Nun weiß ich ja, dass ich mit der Formel dem ein oder anderen ganz böse im Herzen treffe. Denn was ist wenn ich nur Halbwissen von mir gebe?
Das verstehe ich!
Ich verstehe aber auch die Zahlen der Reifenhersteller und deren s.g. Loadindextabellen.
Continental und Michelin haben hierzu hervorragende Nachschlagewerke herausgebracht.
Die aktuellen Versionen stehen weiter unten zum Download bereit. Diese Informationen möchte ich jedem Interessierten ans Herz legen. Hier geht es nicht nur um Drücke sondern um absolut alles was mit Reifen zu tun hat.
Wenn Ihr die Tabelle anklickt, könnt Ihr sie in groß betrachten.
Ich habe Euch die zum Beispiel passenden Werte mal markiert. In Gelb seht Ihr die Zeile zu unserer Reifengröße. Interessanter Weise wird hier sogar zwischen Vorder- und Hinterachse unterschieden. Wir nehmen die HA Werte und nutzen Sie auch für die VA.
In Gelb sind auch die Achslasten in Kilogramm markiert, wenn Ihr nun z.B. die 2035Kg nehmt und die Spalte nach oben verfolgt, stoßt Ihr auf den notwendigen Luftdruck von 4,25 Bar! Wie ihr seht, ist die von mir genannte Formel sogar mit einem Sicherheitspolster versehen ;)
Nun sind ja auch einige Ducatos mit Light-Chassis auf der HA technisch aufgelastet und haben eine zul. Achslast von 2240 KG, diese Daten habe ich Rot eingekreist.
Und man beachte, es geht hier auch EXAKT um einen CP Reifen, also für Wohnmobile.
Spannend ist, dass die Michelin Reifen in der gleichen Größe mit anderen Luftdrücken klar kommen. In diesem Beispiel mit sogar deutlich weniger. Einen Screenshot findet ihr unten.
Unter diesem Link findet Ihr den Ratgeber von Conti: Technischer Ratgeber 2017/2018
Und hier nun auch der Link zu den Tabellen von Michelin: Michelin Betriebsanleitung 2018
Bei Fragen, schickt mir einfach eine Mail oder schreibt einen Kommentar unter diesen Artikel mit Eurer Frage, ich beantworte sie wie immer gerne.
Also dann......ab zur Tanke und Luftdruck korrigieren. Auch die Möbel werden es Euch danken.